»Über mehrere Monate hinweg fotografierte Mirko Müller die Besucher*innen im Kontaktladen „Kompass“ des Drogenvereins Mannheim.
Dem Künstler sind dabei eindrucksvolle und schonungslos ehrliche Porträts von Menschen gelungen, deren Leben im schnellen Wechsel von Hoffnung, Mut, Angst, Trauer und Verlust stattfindet.«
»Huren, Hurensoehne, Kuppler, Stromer und Spieler, mit einem Wort: Menschen;
man koennte mit gleichem Recht sagen: Heilige, Engel, Glaeubige, Maertyrer – es kommt nur auf den Standpunkt an.«
John Steinbeck 1902 – 1968
Die Standpunkte zu verändern, aus denen er Personen, Sachverhalte, (politische) Zustände und Zusammenhänge betrachtete, war eine der vielen schriftstellerischen Fähigkeiten von John Steinbeck und Grund genug, ihn sowohl mit dem Nobelpreis für Literatur, als auch mit dem Pulitzer Preis auszuzeichnen.
Die nachdrückliche Einladung an seine Leser*innen, den Standpunkt zu verändern – Menschen, Schicksale und Entwicklungen aus unterschiedlichen und auch ungewöhnlichen Standpunkten zu betrachten, sind ein entscheidender Grund für seine große Beliebtheit und seinen Erfolg.
Diese Ausstellung bedient sich des vorangestellten Steinbeck-Zitats, weil auch sie die Betrachter*innen einlädt, den Standpunkt zu verändern, die Rolle zu wechseln und sich einzulassen.
Wer diese Einladung annimmt, hat die Chance, überraschende Erfahrungen zu machen, Erkenntnisse neu zu gewinnen und veraltete abzulegen.
Wer diese Einladung annimmt und bereit ist, den Standpunkt zu verändern, hat die Chance, Neues zu erleben – „Über kurz oder lang“.
»Ich habe das ganze Scheiß-Geld in Drogen investiert, ich konnte mir nicht mal eine Melone kaufen.«
»Ich bin vor dem Krieg geflohen und
kam schlussendlich nach Mannheim.«
»Ich musste zehnmal die Schule wechseln.«
»Wir wurden an Händen und Füßen gefesselt.«
»Nach dem Trauma bin ich in die Szene zurückgekehrt,
hier fand ich wieder einen Platz.«
»Alkohol ist auch eine Droge. Opium ist in meiner Kultur wie ein Bier, man konsumiert mit Genuss.«
»Das Pepe baute mich auf, ich hatte auf einmal Energie.«
»Eben habe ich erfahren, dass ich Hepatitis C mit mir rumschleppe.«
»Ich will ein normales geregeltes Leben führen.«
»Ich konnte alles besser regeln, ich kam mit allem besser klar. Momentan nehme ich Subutex, 4 Tabletten am Tag.«
»Wenn man heroinabhängig ist, dann ist das ein Tagesjob… ohne das Zeug geht nichts, anziehen, raus, Stoff besorgen… ein Auto läuft eben nicht ohne Benzin.«
»Ich habe die mir am nächsten stehenden Menschen verletzt. Es gibt keine Freunde, nur Heroin.«
»Alle meine Adern sind hinüber. Es ist wie die Zigarette am Morgen, ohne Heroin geht nix.«
»Ich habe nie gedacht, dass ich so schnell aufhöre mit Heroin, einfach von heute auf morgen habe ich beschlossen, dass ich das Scheiß-Zeug nicht mehr nehme.«
»Ich konnte leider nicht sagen: "Entschuldigung Chef, ich komme morgen etwas später, ich bin heroinabhängig, ich komme morgens so schwer raus".«
»Ich bin mein Leben lang süchtig gewesen.
Ich habe mit einer enormen Strenge gelebt, um Arbeit,
Leben und Kind zu kombinieren.«
»Zwei Tage vor meinem 13. Geburtstag konsumierte ich zum allerersten Mal Heroin«
»Ich stehe jeden Morgen auf, um immer wieder die Kraft zu finden, mein Leben ohne Drogen weiterzuführen, das ist für mich Hoffnung.«